Geschichte

Zwischen dem 21. April 1944 und dem 15. April 1945 bestand in der Freiherr von Birago-Pionierkaserne Melk ein Konzentrationslager. Es war mit rund 14.390 KZ-Häftlingen, die hier innerhalb eines Jahres zur Zwangsarbeit herangezogen wurden, eines der größten Außenlager des KZ-Standortes Mauthausen und das größte KZ-Außenlager in Niederösterreich.

Die KZ-Häftlinge kamen aus mehr als 20 unterschiedlichen Ländern und arbeiteten hauptsächlich an der Errichtung einer unterirdischen Stollenanlage im sogenannten Wachberg, der sich zwischen Melk und Loosdorf befindet. In den von KZ-Häftlingen gegrabenen Stollenanlagen wurden ab Spätherbst 1944 Rüstungsgüter (hauptsächlich Kugellager) der Firma Steyr-Daimler-Puch hergestellt.

Mindestens 4.874 KZ-Häftlinge kamen im Lager und auf der Baustelle ums Leben, mehr als 3.500 der Leichen wurden ab Herbst 1944 im eigens errichteten Krematorium in Melk verbrannt. Das frühere Krematoriumsgebäude wurde im Jahr 1962 zum öffentlichen Denkmal erklärt und beherbergt seither die KZ-Gedenkstätte Melk. Die aktuelle zeithistorische Überblicksausstellung in den Räumlichkeiten der Gedenkstätte wurde anfangs der 1990er-Jahre von Bertrand Perz und Gottfried Fliedl verwirklicht. Seit einigen Jahren wird die Gedenkstätte im Auftrag der KZ-Gedenkstätte Mauthausen im Rahmen des Gedenkstättengesetzes vom Zeithistorischen Zentrum Melk betreut, das sich überdies mit regelmäßigen Veranstaltungen um eine kritische Auseinandersetzung mit Themen wie Gewalt, Rassismus und Rechtsextremismus bemüht.

Im Bereich „Downloads“ finden sich Zeitzeugen-Interviews, weitere Literaturhinweise, wichtige Basisliteratur zur Geschichte des KZ-Außenlagers Melk sowie Fotos zum kostenlosen Download.

Artefakte aus der Stollenanlage unter dem Wachberg, ARGE Quarz-Roggendorf B9, Foto: C. RablArtefakte aus der Stollenanlage unter dem Wachberg, ARGE Quarz-Roggendorf B9, Foto: C. Rabl

Mit dem „Anschluss“ im März 1938 an das Deutsche Reich begannen auch in Österreich die rasche Umstellung und der Ausbau der Industrie für Rüstungszwecke. Die Steyr-Daimler-Puch AG war zu dieser Zeit einer der größten metallverarbeitenden Betriebe in Österreich.

Der Betrieb wurde bereits 1938 den Reichswerken Hermann Göring eingegliedert und expandierte mit finanzieller Hilfe der wichtigsten Sparten der Rüstungsproduktion. Hergestellt wurden militärische Kraftfahrzeuge, Motorräder und Fahrräder, Gewehre und Maschinenpistolen, Panzer, Flugzeugmotoren und Wälzlager (Kugellager). Die Produktion von Wälzlagern war durch die deutsche Aufrüstung ab dem Jahr 1933 rapide angestiegen, im Zweiten Weltkrieg entwickelte sich die Luftwaffenindustrie zum größten Einzelabnehmer von Wälzlagern.

Dem kriegsbedingten Mangel an Arbeitskräften versuchten das NS-Regime und die Rüstungsfirmen durch massenhaften Einsatz von ausländischen Zivilarbeitern und Kriegsgefangenen, ab 1942 auch durch den Einsatz von KZ-Häftlingen, zu begegnen. Zu diesem Zweck wurden rund um bestehende Konzentrationslager zahlreiche Außenlager errichtet. Dem im August 1938 in Mauthausen errichteten ersten Konzentrationslager auf österreichischem Territorium unterstanden bis Kriegsende zeitweise über 40 Außenlager, deren Häftlinge vorwiegend zur Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie und zur Errichtung von Produktionsanlagen herangezogen wurden. Steyr-Daimler-Puch setzte ab 1941/42 als erster Rüstungsbetrieb auf österreichischem Gebiet KZ-Häftlinge in seinen Produktionsstätten ein, unter anderem in Steyr-Münichholz, wo zu diesem Zweck ab März 1942 ein Außenlager des KZ Mauthausen existierte.

Weitere Informationen zur Zwangsarbeit im KZ-System Mauthausen ab 1942 finden sich auf der Website der KZ-Gedenkstätte Mauthausen (Menüpunkt "Wissen").

Der Luftbild-Ausschnitt zeigt das Lagergelände auf dem Areal der Birago-Kaserne. Quelle: Luftbilddatenbank Dr. Carls GmbH, 26. Dezember 1944
Der Luftbild-Ausschnitt zeigt das Lagergelände auf dem Areal der Birago-Kaserne. Quelle: Luftbilddatenbank Dr. Carls GmbH, 26. Dezember 1944Der Luftbild-Ausschnitt zeigt das Lagergelände auf dem Areal der Birago-Kaserne. Quelle: Luftbilddatenbank Dr. Carls GmbH, 26. Dezember 1944

Die Steyr-Daimler-Puch AG war als Herstellerin besonders kriegswichtiger Rüstungsgüter für die Alliierten ein Angriffsziel mit hoher Priorität. Mehrere Luftangriffe auf die deutsche Wälzlagerproduktion – unter anderem auch auf die Produktion in Steyr-Münichholz im Februar und April 1944 – führten zu einer Beschleunigung der U-Verlagerung. Gegen Ende des Krieges war der Mangel an Arbeitskräften in der deutschen Kriegswirtschaft so groß, dass die Errichtung unterirdischer Anlagen nur mehr durch den massenhaften Einsatz von KZ-Häftlingen durchführbar war. Das Interesse am Bau unterirdischer Produktionsanlagen mit Hilfe tausender KZ-Häftlinge lag für Steyr-Daimler-Puch – im Unterschied zur NS-Führung – jedoch nicht nur in der Aufrechterhaltung der Rüstungsproduktion. In den unterirdischen Anlagen konnten wesentliche Produktionskapazitäten über ein mögliches und immer mehr absehbares Kriegsende hinaus gesichert werden. So arbeiteten die KZ-Häftlinge bei den unterirdischen Bauvorhaben auch für die – auf die Nachkriegszeit gerichteten – Interessen der Industrie.

Im hauptsächlich aus Quarz-Sand bestehenden „Wachberg“ nahe der Ortschaft Roggendorf wurde unter dem Decknamen „Quarz“ eine unterirdische Produktionsanlage geplant, die auf mehrere Stollen verteilt eine Produktionsfläche von 65.000 m2 umfassen sollte. Als Arbeitskräfte für den Bau der unterirdischen Rüstungsfabrik sollten KZ-Häftlinge eingesetzt werden. Deshalb wurde im April 1944 – nach anfänglichen Überlegungen, direkt im Bereich der Stollenbauarbeiten in Roggendorf KZ-Baracken aufzubauen –, in der damals leerstehenden Birago-Pionierkaserne in Melk ein Konzentrationslager eingerichtet.

Am 21. April 1944 traf der erste Transport mit vorwiegend französischen Häftlingen im Konzentrationslager Melk ein. Die KZ-Häftlinge wurden zunächst im sogenannten „Objekt 10“ (Mehr zur Geschichte des "Objekts 10"), später auf dem gesamten Kasernengelände, untergebracht. Bis April 1945 wurden insgesamt 14.390 Personen nach Melk deportiert. Melk zählte zu den größten Konzentrationslagern auf österreichischem Territorium. Im Jänner 1945 erreichte die Zahl der Häftlinge den Höchststand von über 10.000 Personen, die auf engstem Raum in Gebäuden der ehemaligen Kaserne und zusätzlich errichteten Baracken unter schrecklichen Verhältnissen interniert waren.

„Die Suppe in den Stollen" - Zeichnung des KZ-Überlebenden Daniel Piquee-Audrain. Quelle: Scan von Perz, „Projekt Quarz“.„Die Suppe in den Stollen" - Zeichnung des KZ-Überlebenden Daniel Piquee-Audrain. Quelle: Scan von Perz, „Projekt Quarz“.

Die 14.390 ausschließlich männlichen Häftlinge, die im KZ-Außenlager Melk zur Zwangsarbeit eingesetzt waren, stammten aus mehr als 26 verschiedenen Ländern. Die größten nationalen Gruppen bildeten Polen, Ungarn, Franzosen, Sowjetbürger, Deutsche, Italiener, Griechen und Jugoslawen. Aufgrund der teilweise lückenhaften Quellenüberlieferung ist der Anteil der jeweiligen nationalen Gruppen an der Gesamtzahl der Melk Häftlinge nur annäherungsweise bestimmbar. So dürften etwa 35-40 Prozent der KZ-Häftlinge ungarischer, 25-30 Prozent polnischer, 10 Prozent französischer und 5 Prozent deutscher Herkunft (inkl. Österreich) gewesen sein, während sich die restlichen 15-25 Prozent auf die weiteren Nationen aufteilten.***

Die Mehrzahl der Häftlinge war aus politischen oder rassischen Gründen ins KZ eingewiesen worden, zirka ein Drittel waren von der SS als Juden kategorisiert. Sämtliche Häftlinge wurden auf Anforderung der ausführenden Firmen, wie etwa der Steyr-Daimler-Puch AG, zur Zwangsarbeit in den Stollen des "Projekts Quarz" in das Außenlager Melk transportiert, wobei die Mauthausener Kommandantur die von der Rüstungsindustrie geforderte Zahl von Zwangsarbeitern zeitweise gar nicht stellen konnte. Dies führte unter anderem dazu, dass mit Fortdauer des Lagerbestehens das Kriterium der „Arbeitsfähigkeit“ immer mehr in den Hintergrund rückte und im Jänner 1945 sogar 119 Kinder im Alter von unter 15 Jahren zur Zwangsarbeit nach Melk überstellt wurden. Obgleich aufgrund der extrem schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen Monat für Monat hunderte Häftlinge starben oder wegen „Arbeitsunfähigkeit“ ins Hauptlager Mauthausen zurück überstellt wurden, stieg die Zahl der Häftlinge in Melk per Ende Jänner 1945 auf mehr als 10.000 an. Zum Vergleich: Die Stadt Melk zählte zu Beginn des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1939 insgesamt 4.670 Einwohner, per 1. Jänner 2017 beträgt die Einwohnerzahl 5.390 Personen.

Die Überlebenschancen der einzelnen Häftlinge im Lager hingen primär von rassistischen Kriterien ab, nach denen die SS ihr Verhalten den Häftlingen gegenüber differenzierte. Während sich KZ-Häftlinge deutscher Herkunft am oberen Ende der Skala befanden, gefolgt von Häftlingen aus nord- und westeuropäischen Ländern sowie Polen und der Sowjetunion, fanden sich am unteren Ende – ungeachtet ihrer nationalen Zugehörigkeit – Häftlinge jüdischen Glaubens sowie sogenannte „Zigeuner“. In den auf Rüstungs-Zwangsarbeit ausgerichteten Außenlagern wie Melk gab es in dieser Skala eine gewisse Durchlässigkeit, sofern die betroffene Person über besondere berufliche Qualifikationen verfügte. So hatten Facharbeiter tendenziell bessere Positionen innerhalb der Lagergesellschaft als Hilfsarbeiter.

Der frühere Melker KZ-Häftling Shaul Schpilmann schildert seine Erfahrungen als Kind KZ.

*** Nähere Informationen zu Entwicklung und Struktur der "Häftlingsgesellschaft" im KZ-Komplex Mauthausen finden sich auf der Website der KZ-Gedenkstätte Mauthausen (Menüpunkt "Wissen").

Das Foto zeigt einen Luftbild-Ausschnitt der Stollenbaustelle beim Wachberg in Roggendorf – Quelle: Luftbilddatenbank, 26.12.1944
Das Foto zeigt einen Luftbild-Ausschnitt der Stollenbaustelle beim Wachberg in Roggendorf – Quelle: Luftbilddatenbank, 26.12.1944Das Foto zeigt einen Luftbild-Ausschnitt der Stollenbaustelle beim Wachberg in Roggendorf – Quelle: Luftbilddatenbank, 26.12.1944

Die Transporte von Häftlingen aus dem KZ Mauthausen nach Melk wurden nach dem Bedarf der Baufirmen zusammengestellt, welche die Stollenanlage bei Roggendorf errichteten. Die meisten Häftlinge waren im Schichtbetrieb direkt beim Stollenbau eingesetzt. Die Melker KZ-Häftlinge wurden von der SS-Lagerleitung an die Baufirmen „vermietet“. Jede Firma gab ihren täglichen Bedarf an Arbeitern bekannt und nach diesen Angaben wurden im Lager die Arbeitskolonnen zusammengestellt.

Für jeden Häftlingsfacharbeiter verlangte die SS von den Firmen 6 Reichsmark, für jeden Hilfsarbeiter 4 Reichsmark, die an die Reichskassa überwiesen wurden. Die „Minderleistung“ der Häftlinge im Vergleich zu den zivilen deutschen Arbeitskräften wurde den Firmen rückvergütet. Alles, was die Firmen über den fix vereinbarten „Minderleistungsfaktor“ hinaus aus den Häftlingen herauspressten – die Häftlinge arbeiteten rund um die Uhr im Dreischichtsystem –, war für sie kostenlos.

Ein entscheidender Vorteil des Einsatzes von KZ-Häftlingen lag für die Baufirmen in der Tatsache, dass ohne diese überhaupt kein Umsatz zu erwirtschaften gewesen wäre. Nach dem Krieg sollten die Entgeltzahlungen vielen Firmen als Argumentation bei der Verweigerung von Entschädigungszahlungen dienen. Die Häftlinge seien ohnehin bezahlt worden. Die KZ-Häftlinge wurden bei jeder Witterung per Zug zum täglichen Zwangsarbeitseinsatz von Melk nach Roggendorf transportiert. Sowohl in Melk (etwa auf Höhe des alten Sportplatzes in der Abt-Karl-Straße) als auch in Roggendorf wurden zu diesem Zweck spezielle Verladerampen errichtet. Im Falle verspäteter Züge mussten die Häftlinge oft stundenlang im Freien ausharren.

Der frühere Melker KZ-Häftling Franz Schikora schildert seine Erinnerungen an die Zwangsarbeit in den Roggendorfer Stollen.  

Scan einer Seite des Melker Totenbuches. Quelle: National Archives, Washington.
Scan einer Seite des Melker Totenbuches. Quelle: National Archives, Washington.Scan einer Seite des Melker Totenbuches. Quelle: National Archives, Washington.

Binnen eines Jahres kamen im KZ-Außenlager Melk 4.874 Häftlinge ums Leben, rund ein Drittel der Todesfälle betraf Häftlinge polnischer und ungarischer Herkunft, gefolgt von Häftlingen französischer Herkunft (rund 11 Prozent). Überproportional hoch war die Todesrate bei jüdischen Häftlingen, sie stellten rund ein Drittel der KZ-Häftlinge in Melk, gleichzeitig waren rund 42 Prozent der Todesopfer als jüdisch kategorisiert.

Für die extrem hohe Zahl an Todesopfern im KZ-Außenlager Melk gibt es mehrere Begründungen: Schwere körperliche Arbeit, hohes Arbeitstempo und viele Arbeitsunfälle bei der als besonders kriegswichtig angesehenen Zwangsarbeit in der Stollenanlage unter dem Wachberg in Roggendorf, mangelhafte Ernährung und unzureichende Bekleidung und Unterbringung in den Baracken am Gelände der Birago-Kaserne sowie regelmäßige Misshandlungen durch Wachmannschaften, Funktionshäftlinge und Zivilarbeiter. Neben vielen krankheitsbedingten Todesfällen unter den überwiegend massiv geschwächten KZ-Häftlingen kamen gezielte Morde, begangen unter anderem von dem SS-Sanitätsdienstgrad Gottlieb Muzikant im Melker Häftlingsrevier durch tödliche Injektionen. Mehr als 200 KZ-Häftlinge fielen überdies im Juli 1944 einem Bombardement der 15. US-Luftflotte zum Opfer.

Die Namen der im KZ-Außenlager Melk ermordeten Häftlinge finden Sie an der "Wand der Namen" in der KZ-Gedenkstätte Melk bzw. im virtuellen "Raum der Namen" der KZ-Gedenkstätte Mauthausen.

Krematorium – Foto Nachkriegszeit Hilda LepetitKrematorium – Foto Nachkriegszeit Hilda Lepetit

Die SS versuchte bis zuletzt mit allen Mitteln, die Befreiung überlebender Konzentrationslager-Häftlinge durch alliierte Truppen zu verhindern. Der Vormarsch der sowjetischen Armee führte zum Befehl Himmlers, alle Lager beim Herannahen der gegnerischen Truppen zu räumen und die Häftlinge in weiter westlich gelegene Konzentrationslager zu überführen. Bei den Evakuierungsmärschen, in den oft tagelang umherirrenden Transportzügen und in den völlig überfüllten Auffanglagern kamen zehntausende KZ-Häftlinge ums Leben.

Ab Ende März 1945 wurden auch in Melk Vorbereitungen getroffen, das Konzentrationslager zu evakuieren. Pläne, die Häftlinge in die Stollenanlage „Quarz“ zu treiben und durch Sprengung der Anlage zu ermorden, wurden nicht ausgeführt. Zwischen dem 11. und dem 15. April wurden die 7.401 noch im Lager lebenden Häftlinge in das Hauptlager Mauthausen und in das Außenlager Ebensee überstellt. Im Lager Melk wurden mindestens 30 schwerkranke transportunfähige Häftlinge kurz vor der Auflösung durch SS-Angehörige und Funktionshäftlinge ermordet. Mindestens weitere 36 Häftlinge kamen auf den Evakuierungstransporten ums Leben. Am 5. und 6. Mai wurden mit der Befreiung der Lager Ebensee und Mauthausen durch amerikanische Truppen auch die Überlebenden des Lagers Melk befreit.

Baracke der Lagerführung – Foto Nachkriegszeit Hilda LepetitBaracke der Lagerführung – Foto Nachkriegszeit Hilda Lepetit

Bereits in den ersten Tagen nach der Befreiung des Lagers Mauthausen begannen die US-amerikanischen Behörden in Mauthausen mit Ermittlungen gegen potenzielle NS-Verbrecher und inhaftierten Tausende SS-Angehörige und frühere Funktionshäftlinge in Internierungslagern.

In den Folgemonaten nahmen auch die französischen, britischen und sowjetischen Besatzer in ihren jeweiligen Zonen Ermittlungen vor und fahndeten nach verdächtigen Personen, gleichzeitig entwickelten sich in vielen Ländern Europas, wie etwa Polen, der Tschechoslowakei und auch Österreich, zeitlich befristete nationale Sondergesetzgebungen zur Ahndung von NS-Verbrechen. Die im KZ-Außenlager Melk begangenen Verbrechen wurden sowohl von alliierten Militärgerichten als auch von Volksgerichten auf nationaler Ebene thematisiert. In Summe wurden mehr als 20 ehemalige Mitglieder der Lagerverwaltung und der Wachmannschaften (hauptsächlich Angehöriger der Luftwaffe) sowie ehemalige Funktionshäftlinge und Zivilisten vor Gericht gestellt. Darunter etwa der Melker Lagerführer Julius Ludolph und der Leiter des Vorratsmagazins Otto Striegel, die im Rahmen eines US-amerikanischen Mauthausen-Prozesses, durchgeführt auf dem Areal des ehemaligen KZ-Lagers Dachau, im Mai 1946 für schuldig befunden und ein Jahr später in Landsberg am Lech gehängt wurden. In den Jahren 1947 bzw. 1949 wurden die beiden ehemaligen Melker Kapos Fidel Balbas und Uli Schmidt von einem französischen Militärgericht in Rastatt für schuldig befunden, in Melk mehrere ihrer Mithäftlinge durch schwere Misshandlungen ermordet zu haben, und ebenfalls hingerichtet. Verurteilt wurde auch der für zahlreiche Morde im Melker Häftlingsrevier verantwortliche SS-Sanitätsdienstgrad Gottlieb Muzikant. Er wurde in der BRD vor dem Landgericht Fulda im Jahr 1960 zu 21-facher lebenslanger Haft verurteilt. Das Volksgericht beim Landesgericht Wien schloss insgesamt drei Verfahren im Zusammenhang mit Verbrechen, die im KZ-Außenlager Melk begangen worden waren, mit einem Urteil ab. Die Prozesse richteten sich gegen ehemaligen Zivilisten Edmund Schödl, der als Elektriker für die Firma Felten und Guilleaume in Melk eingesetzt gewesen war (3 Jahre Haft), gegen den früheren Unterkapo Josef Fischer (Freispruch) sowie gegen Franz Höger, einen Zugführer der Wehrmacht, der als Wachkommandant in der Häftlingsbewachung eingesetzt gewesen war (10 Jahre Haft). 

Die französische Häftlingsorganisation "Amicale de Mauthausen" ließ noch Ende der 1940er-Jahre ein Denkmal auf dem Krematoriums-Rauchfang anbringen, das von dem Architekten Wilhelm Schütte umgesetzt wurde. Foto: C. Rabl
Die französische Häftlingsorganisation "Amicale de Mauthausen" ließ noch Ende der 1940er-Jahre ein Denkmal auf dem Krematoriums-Rauchfang anbringen, das von dem Architekten Wilhelm Schütte umgesetzt wurde. Foto: C. RablDie französische Häftlingsorganisation "Amicale de Mauthausen" ließ noch Ende der 1940er-Jahre ein Denkmal auf dem Krematoriums-Rauchfang anbringen, das von dem Architekten Wilhelm Schütte umgesetzt wurde. Foto: C. Rabl

Bei ihrer Ankunft in Melk fand die Rote Armee das ehemalige Außenlager leerstehend vor und verwendete das Areal für kurze Zeit als sowjetische Garnison. Zwischen Jänner 1946 und Ende 1948 diente die Kaserne der kurzfristigen Unterbringung von rund 70.000 Umsiedlern der deutschen Minderheiten aus der Tschechoslowakei (sogenannte "Sudetendeutsche") sowie vereinzelt aus Süd- und Südosteuropa (sogenannte „Volksdeutsche“), die in weiterer Folge nach Deutschland weitertransportiert wurden.

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Während das Kasernengelände ab 1956 wieder als Standort des österreichischen Bundesheeres genutzt wurde, drohte das Areal des ehemaligen Krematoriums bereits in den ersten Nachkriegsjahren zu verfallen. Diese Entwicklung rief 1948 den österreichischen KZ-Verband auf den Plan, aber auch die Gemeinschaft ehemaliger französischer KZ-Häftlinge, die Amicale de Mauthausen, kritisierte den schlechten Zustand des Gebäudes. Die Amicale hatte bereits im Jahr 1949 im Zuge einer ihrer „Pilgerfahrten“ eine Gedenktafel angebracht.

Am 2. Juli 1950 wurde das Grundstück, auf dem sich das Krematoriumsgebäude befindet – wohl nicht zuletzt aufgrund einer Intervention des französischen Hochkommissars Marie Émile Antoine Béthouart  – in die Obhut der Stadt Melk übergeben. Der niederösterreichische KZ-Verband begann im Jahr 1951 mit Instandhaltungs-Maßnahmen und brachte eine erste österreichische Gedenktafel an. Im Jahr 1962 wurde das Areal offiziell zum öffentlichen Denkmal erklärt, als Gedenkstätte adaptiert und wanderte in die Obhut des Bundesministerium für Inneres. In den Folgejahren wurden sowohl im Außenareal als auch im Krematoriumsraum selbst zahlreiche weitere Gedenktafeln angebracht. Die KZ-Gedenkstätte Melk (Melk Memorial) befindet sich heute in der Obhut der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, welche das Zeithistorische Zentrum Melk (Verein MERKwürdig) im Rahmen des Gedenkstättengesetzes mit der Verwaltung, der würdevollen Pflege sowie der öffentlichen Zugänglichmachung beauftragt hat.

Die wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte des KZ-Außenlagers Melk begann erst in den 1980er-Jahren. Bertrand Perz widmete sich im Rahmen seiner Dissertation erstmals ausführlich der Lagergeschichte und verwirklichte in weiterer Folge gemeinsam mit Gottfried Fliedl in den Räumen des Krematoriumsgebäudes eine erste Dauerausstellung, die bis heute zu sehen ist.

Vgl. dazu auch den Bereich „Downloads“. Dort finden sich Literaturhinweise sowie wichtige Basisliteratur zur Geschichte des KZ-Außenlagers Melk zum kostenlosen Download. 

Die beiden Überlebenden des KZ-Außenlagers Melk, Andrew Sternberg und René Baumann, zeigten sich von der neuen "Wand der Namen" in Melk beeindruckt.Die beiden Überlebenden des KZ-Außenlagers Melk, Andrew Sternberg und René Baumann, zeigten sich von der neuen "Wand der Namen" in Melk beeindruckt.

Im Mai 2018 wurde im Pietätsraum der KZ-Gedenkstätte Melk die "Wand der Namen" angebracht, die erstmals die Namen sämtlicher KZ-Häftlinge enthält, die zwischen April 1944 und April 1945 im KZ-Außenlager Melk ermordet worden sind. Zur leichteren Findbarkeit der einzelnen Namen haben wir uns für eine Darstellung in alphabetischer Reihenfolge entschieden. Die Personendaten stammen aus der Datenbank der Forschungsstelle der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, die im Vorfeld auch die korrekte Schreibweise der einzelnen Opfernamen sichergestellt hat.

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Auf einer Fläche von fast 18 m² werden nun erstmals die Namen der 4.874 Todesopfer des KZ-Außenlagers Melk sichtbar gemacht, hinzu kommen die Namen von zehn KZ-Häftlingen, die vermutlich auf dem Evakuierungstransport von Melk in das KZ Ebensee bzw. nach Mauthausen ermordet wurden. Die Namen der im KZ-Außenlager Melk ermordeten KZ-Häftlinge sind auch online im "virtuellen Raum der Namen" des Mauthausen Memorial abrufbar.

Zwischen 21. April 1944 und 15. April 1945 befand sich in der Melker Birago-Pionierkaserne ein KZ-Außenlager – das größte Mauthausen-Außenlager auf niederösterreichischem Boden. Binnen eines Jahres wurden rund 14.400 KZ-Häftlinge nach Melk überstellt, um unter dem Wachberg eine unterirdische Rüstungsfabrik für die Steyr Daimler Puch AG zu errichten. Mehrmals täglich wurden Häftlinge vom Lagerareal zum „Haltepunkt Melk“ getrieben, der sich einige hundert Meter östlich des heutigen Bahnhofs befand.

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Am Standort des ehemaligen KZ-Haltepunkts Melk befindet sich heute ein Sportplatz. Dort wurde im Mai 2019 in Erinnerung an das Leid der Melker KZ-Häftlinge ein großflächiges Plakat affichiert, welches den Artikel 1 der europ. Menschenrechtskonvention in 36 Sprachen beinhaltet, jenen Sprachen, welche die Melker Häftlinge sprachen und die sich auch beim Mahnmal Roggendorf wieder finden.

Beim Haltepunkt Melk wurden sie in Waggons verladen und zum „Haltepunkt Roggendorf“ transportiert. Von hier marschierten die KZ-Häftlinge in die Stollen, wo sie in 8-Stunden-Schichten im Vortrieb sowie ab Herbst 1944 bei der Wälzlagerproduktion Zwangsarbeit verrichten mussten. Fast 5.000 Männer fielen der massiven Unterversorgung mit Nahrung, Bekleidung und Ausrüstung zum Opfer, starben bei schweren Unfällen im Stollen oder wurden – auch an den Haltepunkten – ermordet. 

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Das Mahnmal Roggendorf wurde Ende der 1990er-Jahre vom Landschaftsplaner Alfred Benesch ersonnen und erinnert an das Schicksal der KZ-Häftlinge, die in Roggendorf Zwangsarbeit leisten mussten: 24 Wacholderbäume (mythologisch Lebens-/Todesbaum, in dem sich die Seelen der Verstorbenen verstecken können) und Eichen begrenzen den ehemaligen KZ-Haltepunkt. Die Häftlinge kamen aus ganz Europa und darüber hinaus. Im Mai 2019 wurden ihre uns bekannten Muttersprachen – mindestens 37 – an den Stelen mit Plaketten sichtbar gemacht. Auf den 23 Holzstelen sind nun jene Muttersprachen zu lesen, welche die rund 14.400 Melker KZ-Häftlinge des Außenlagers Melk gesprochen haben - in Summe 36! Eine 37. Plakette ist allen nicht erfassten - namenlosen - Ermordeten gewidmet.

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Seit dem Jahr 2000 befindet sich unmittelbar neben der katholischen Stadtpfarrkirche in Melk ein Denkmal für die Opfer des KZ-Außenlagers Melk. Der Karlsplatz, auf dem sich das Denkmal befindet, wurde 2002 im Gedenken an Dr. Josef Sora in "Dr.-Josef-Sora-Platz" umbenannt.

Das Denkmal
Die Errichtung eines Denkmals für die Opfer des KZ-Außenlagers Melk im Stadtkern wurde lange Jahre, besonders in der Melker Pfarrgemeinde, diskutiert. Angestoßen durch das Drängen ehemaliger KZ-Häftlinge auf der Gedenkfeier 1995 – 50 Jahre nach der Befreiung der nationalsozialistischen Konzentrationslager – wurde 1997 der Künstler und Bildhauer Franz Kremser (1954 – 2017) von Pater Leo Fürst mit der Gestaltung beauftragt. Im Jahr 2000 konnte das Denkmal auf dem damaligen Karlsplatz, seit 2002 Dr.-Josef-Sora-Platz, errichtet werden.

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Franz Kremser bei der Errichtung des Denkmals. Foto: Kremser Privatbesitz.


Das Denkmal, mit Hammer und Meißel aus Granit geschlagen, zeigt ein Triptychon, eine klassische Dreiergruppe (vgl. Flügelaltar, Siegespodest, Vater-Mutter-Kind). Der Stein symbolisiert die körperliche Schwerstarbeit der Häftlinge des KZ Mauthausen, die dort im Steinbruch Granit abbauen mussten.
Die beiden Figuren links und rechts sind blockartig gearbeitet, sie stellen die Verzweiflung und die Trauer dar. Beide Figuren sind zusammengebrochen, haben den Halt verloren. Der Granitblock in der Mitte ist unbehauen. Er befindet sich hinter Gitter als Symbol für die den Häftlingen angetane Gewalt.
Der Künstler Franz Kremser: „Es ist sinnlos, einem Stein Gewalt anzutun, ihn einzusperren. Die Gewalt, die Menschen anderen antaten und tun, halte ich für genauso sinnlos.

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Das Denkmal. Foto: ZHZ

 

Dr. Josef Sora
Sora war als Arzt der Luftwaffe im KZ-Außenlager Melk stationiert und bemühte sich, im Rahmen seiner Möglichkeiten die KZ-Häftlinge zu unterstützen. Er wird in vielen Häftlingserinnerungen als besonders positive Erscheinung geschildert, die im krassen Gegensatz zu den weiteren KZ-Bewachern stand. Dr. Josef Sora (*1910 Wien, +2001 Bad Ischl) war von Juli 1944 bis April 1945 im Auftrag der Waffen-SS als Lagerarzt im KZ-Außenlager Melk tätig. Der Luftwaffenoffizier Sora war weder Waffen-SS- noch NSDAP-Mitglied und lebte mit seiner Familie im SS-Bereich des Lagers in der Birago-Kaserne. Sora gewann rasch das Vertrauen der KZ-Häftlinge indem er sie respektvoll „per Sie“, teils auch in ihren Muttersprachen ansprach und nach Kräften den Häftlingswiderstand unterstützte. So erinnert sich etwa der ehemalige französische KZ-Häftling Guy Lemordant wie folgt an die Rolle Soras in Melk: 


„Das Revier des Außenkommandos Melk stand unter der Leitung eines Arztes, Oberleutnants der Luftwaffe, hinsichtlich allem, was die ärztlichen Belange betraf. Dieser Arzt, der aus Wien stammt, war weder SS-Angehöriger noch Nazi, noch Deutscher und tat in etwa das, was er für die kranken Gefangenen tun konnte. Viel konnte er nicht machen, da die SS-Organisation die absolute Kontrolle über die Disziplin und die Arbeit behielt. […] Er sprach ein sehr gutes Französisch und war offensichtlich franzosenfreundlich, was eine ganz seltene Eigenschaft war, sowohl bei den Gefangenen der verschiedenen europäischen Nationen als auch bei unseren SS-Leuten. Allmorgendlich übermittelte er mir die Nachrichten vom englischen Rundfunk und erzählte mir die letzte Wiener Geschichte über Hitler, Geschichten, die nach Art derer waren, wie sie im besetzten Frankreich kursierten. Diese Geschichten und Nachrichten waren oft die besten Stärkungsmittel, die ich meinen Kranken geben konnte.“

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In Kooperation mit der Stadt Melk konnte die Info-Tafel am Dr.-Josef-Sora-Platz im Herbst 2020 inhaltlich aktualisiert  und um englische Übersetzung erweitert werden. Foto: Rabl

Obwohl ihm die SS-Lagerleitung deshalb mit Misstrauen begegnete, gelang es Sora, für die KZ-Häftlinge ein Radiogerät zu beschaffen, Medikamente ins Lager zu schmuggeln und eine Brotrösterei für die Durchfallkranken zu initiieren. Im Jänner 1945 kritisierte Sora in einem umfangreichen medizinischen Bericht an die medizinische Abteilung des KZ Mauthausen die gravierenden Mängel bei Ausrüstung und Ernährung im KZ-Außenlager Melk. Überlebende KZ-Häftlinge gaben zudem an, dass Sora im April 1945 gemeinsam mit dem damaligen Melker Landrat Leopold Convall den Plan der Lager-SS vereitelt habe, sämtliche KZ-Häftlinge durch Sprengung der Stollen unter dem Wachberg bei Roggendorf zu vernichten.

Das Beispiel Josef Soras zeigt einerseits, dass es selbst während des totalitären NS-Regimes möglich war, zivilcouragiert zu handeln. Andererseits kosteten direkte und strukturelle Gewalt im KZ-Außenlager Melk binnen eines Jahres fast 5.000 der rund 14.400 KZ-Häftlinge das Leben. Viele dieser Opfer starben auch in jenem Häftlingsrevier, das Sora ab Sommer 1944 unterstanden war.

 

 

Der französische KZ-Häftling Jean Varnoux, katholischer Priester aus Limoges, war einer von rund einem Dutzend französischer KZ-Häftlinge, die im sogenannten „Sdraule-Kommando“ (Franz Sdraule war damals als Baumeister in Melk tätig) verschiedene Infrastrukturprojekte im Umfeld des KZ-Außenlagers Melk umsetzen musste. Darunter auch der Bau des Wasser-Hochbehälters sowie des Krematoriums Melk. Im Jahr 2020 wurde der noch heute erhalten gebliebene Wasserhochbehälter im südlichen Melk in einem Waldstück nahe des sogenannten "Kupferschmiedkreuzes" unter Denkmalschutz gestellt. Die Errichtung dieses Hochbehälters, der eine Länge von ca. 18 Metern, eine Breite von 12,60 Metern aufweist und dessen Fassungsvermögen 530 Kubikmeter Wasser beträgt, war für die KZ-Zwangsarbeiter unter Sdraules Kommando mit großen Entbehrungen verbunden. Jean Varnoux erinnerte sich später an die leidvollen Erfahrungen, die er und seine Häftlingskameraden bei den Bauarbeiten gemacht haben:

„Gleichzeitig wurde auf dem Hügel Himmelsschloss in Melk ein Reservoir gebaut, damit unsere Nachfolger Wasser haben. An den ersten Tagen entfernten wir die Baumstümpfe von wunderbaren Eichen sowie Gestrüpp und Unterholz, um die Grube zu graben. Am 1. Oktober hatten wir schon ca. 60 cm tief gegraben. Dann begann der Regen. Wir bildeten drei Teams: eines grub mit der Hacke, eines schaufelte und das dritte karrte die Erde weg, zum Rand der Grube, auf Brettern, die durch den Regen rutschig geworden waren.
Am 2. Oktober regnete es ohne Unterlass; wir führten Schubkarren voll mit Schlamm nach oben. Da wir uns bei der Arbeit abwechselten, waren wir alle durchnässt und voller Schlamm, weil wir auf den Brettern mit den Schubkarren ausrutschten und uns im Schlamm wiederfanden. Und – als zusätzliches Pech – war unser „Posten“ an diesem Tag besonders schlecht aufgelegt, wahrscheinlich, weil er ein überzeugter Nazi war! Er schrie den ganzen Vormittag hindurch! Zu Mittag kamen wir klatschnass zurück ins Lager. Bei der Rückkehr um 13 Uhr entschieden wir, nicht mehr zu arbeiten und verkrochen uns im Geräteschuppen. Wir hörten dann einen ernsten Streit zwischen Franz Mosgöller und dem „Posten“. Franz wollte den Soldaten überzeugen, dass unsere Arbeit völlig zwecklos war, weil wir nur Schlamm aus der Grube beförderten. Dieser meinte aber, dass nur Sdraule die Anweisung zur Einstellung der Arbeit geben konnte…. Herr Sdraule war in Wien.
Der „Posten“ hatte natürlich Recht, und wir arbeiteten unter den gleichen Bedingungen wie am Vormittag weiter. Ich weiß nicht mehr, wer angefangen hat, aber wir sangen wie die Irren, ein „best of“ von Studenten- und Wacheliedern… Unser Nazi war perplex! Wie konnte diese Rasse von „Zurückgebliebenen“ Wesen solche moralische Stärke hervorbringen? Um 16.30 Uhr – statt um 18 Uhr – ließ er uns die Arbeit beenden und zurück ins Lager gehen.“

... aus den Erinnerungen von Abbe Jean Varnoux, "Clartés dans la Nuit.

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Der - heute renovierte - Wasserhochbehälter zwischen Hub und Pielachberg. Foto: Rabl

Ein weiterer Wasserhochbehälter, welcher der Nutzwasserversorgung der Stollenanlage in Roggendorf diente, wurde auf einer Anhöhe oberhalb des Ortes Pielachberg errichtet. Er ist Teil eines Wasserleitungsbaus, der von der Donau bei Hub bis nach Roggendorf führte. Auch hier wurden zahlreiche KZ-Häftlinge von der Lager-SS unter schwersten Bedingungen zur Zwangsarbeit ausgebeutet.